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 Betreff des Beitrags: Eine Billion Dollar von Andreas Eschbach
BeitragVerfasst: 15.08.2006, 10:03 
Bücherfreund

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14.06.2006, 21:03

Beiträge: 136

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Kurzbeschreibung
John Salvatore Fontanelli ist ein armer Schlucker, bis er eine unglaubliche Erbschaft macht: ein Vermögen, das ein entfernter Vorfahr im 16. Jahrhundert hinterlassen hat und das durch Zins und Zinseszins in fast 500 Jahren auf über eine Billion Dollar angewachsen ist. Der Erbe dieses Vermögens, so heißt es im Testament, werde einst der Menschheit die verlorene Zukunft wiedergeben. John tritt das Erbe an. Er legt sich Leibwächter zu, verhandelt mit Ministern und Kardinälen. Die schönsten Frauen liegen ihm zu Füßen. Aber kann er noch jemandem trauen? Und dann erhält er einen Anruf von einem geheimnisvollen Fremden, der zu wissen behauptet, was es mit dem Erbe auf sich hat ...

*****

Dies war mein erster Roman von diesem Autor, und finde nun dass es mir schwer fällt, ihm gerecht zu werden.
Ich hatte keine hohen Erwartungen, bin also in keiner Weise ent- oder getäuscht worden. Hm, wo fange ich an?
Vielleicht der Reihe nach.

Die Story:
Der Plot ist genial, genial, genial. Was kann man nicht alles aus dieser Vorlage machen? Unbegrenzter Reichtum, unbegrenzte Macht. Alles ist drin, alles.
Und das war offensichtlich zu viel für Eschbach, denn er versucht tatsächlich, so komplex wie nur möglich jede denkbare Facette einzubauen. Krimi - Elemente, Verschwörungen, Politik, Romantik, Historisches, Sachbuch, Wirtschaftswissenschaft, Ökologie, zum Schluss sogar ein Schuss Esoterik.
Nicht, dass 900 Seiten dafür keinen Ausbreitungsplatz bieten würden... aber: verschenktes Potential. Leider. Er wird einzig und allein dem Anspruch gerecht, alle Fakten so hervorragend und stimmig bis in die kleinste Feinheit recherchiert zu haben, und auch da muss man zum Schluss sagen: zuviel. Viel zu viel.

Die Charaktere:
Er lässt Klischees aus, der Herr Eschbach. Durchaus. Leider nicht sehr viele. Alle handelnden Personen sind blass, unglaubwürdig und folgen irgendeinem Klischee. Der Held Fontanelli sieht gut aus, ist jung, dynamisch, naiv, blöd und edelmütig. Von der ersten bis zur letzten Seite. Seine beständige Naivität nervt ohne Ende, er ist so psychologisch unglaubwürdig gezeichnet... örgs.
Sein Erzfeind ist hässlich, fanatisch, will das Beste und heiligt den Zweck um jeden Preis. Er ist nicht böse genug, um interessant zu sein.
Ein verlotterter ehemaliger Freund, der den Helden ständig in Schwierigkeiten bringt - hm, wie originell ist ein koksender Rockstar?
Am Leben gescheiterte Familienangehörige.
Verhuschte kleine Dienstmädchen, die den großen Plan ins Wanken bringen.
Ehrwürdige, traditionsbewusste "Padrones".
Eine toughe blonde Deutsche, die den blöden Ami erstmal auf den Boden der Tatsachen stellt.

Schlimm ist eigentlich nur, dass all diese Personen so unwichtig sind. Sie werden aufgebaut, mit irgendeiner Art von konstruiertem Leben gefüllt und verschwinden, ohne dass noch mal einer nach ihnen fragt. (Wie wahrscheinlich ist es, das ein Bodyguard 28 Stunden pro Tag (nein, nicht vertippert) an der Seite seines Herrn wachen kann und trotzdem Zeit findet, eine glückliche kleine Familie aufzubauen?
Nein, offensichtlich sind es nicht die Menschen, die der Autor hier im Sinn hat.

Geld:
Nja. Dazu erfahren wir dann tatsächlich fast alles, was wir noch nie wissen wollten. Wie Banken uns ausrauben. Wie Zinsen entstehen. Was Geld wirklich bedeutet. Wie wenig eine Billion wirklich ist, wenn man sich verzweifelt fragt, wie man mit dieser unglaublichen Geldsumme die Probleme der Welt lösen will. Die gesamte Palette des Wirtschaftswissens wird leicht verständlich in einen Unterhaltungsroman verpackt, man kann eine Menge lernen, wenn man will.
Ich wollte nicht. Ich wollte unterhalten werden.
Tja.
Immerhin, im Anhang finden sich wunderbare Nachschlagewerke, aus denen ich umfassendes Sachwissen ziehen kann. Für den Fall, dass ich mal lernen will. :roll:

Ökologie:
Auch hier: Zuviel des Guten. Ja, die Menschen zerstören die Erde. Ja, es brennen mehr Bäume ab als nachwachsen können. Ja, der Golfstrom droht zu versiegen, und wenn er es tut, wird das ganz doll wehtun. Ja, arme Menschen in der 3. Welt werden versklavt, verstümmelt, prostituiert, nur damit wir uns eine dritte Kaffeemaschine kaufen können.
JAAAAA!
Soll man drüber nachdenken. Muss man drüber nachdenken.
Ich entscheide aber gerne selbst, wann ich darüber nachdenken will. Wenn ich einen Unterhaltungsroman lesen möchte, ist das gerade nicht der Fall.
Ich leiste mir die Arroganz, Zeit für einen Unterhaltungsroman zu haben, während in Äthiopien gerade eine gleichaltrige Frau stirbt, weil sie kein Geld für eine Blinddarm - OP hatte. Oder weil sie in einem Land lebt, in dem Krieg herrscht. Oder weil sie an einen Mann zwangsverheiratet wurde, der sie jetzt gerade erschlagen möchte, weil sie schon wieder nur ein Mädchen geboren hat.

Verschenktes Potential:
Schon mal erwähnt. Muss ich jetzt einfach noch mal tun. Es ist und bleibt jammerschade, was aus diesem Buch alles hätte werden können. Eben wenn man nicht tausend unglaubwürdige Ereignisse konstruiert hätte, nur um noch einen ökologischen Sonderfall mehr einzubauen. Wenn man irgendeinen der unzähligen Spannungsbögen auch mal konsequent benutzt hätte. War es nun eine Verschwörung? Ist Fontanelli wirklich Nachfahre der Fugger, und wenn ja: was haben wir als Leser davon? Ist sein Vermögen nun eine fiktive Zahl in einem Computer, oder existiert es tatsächlich? War es wirklich möglich, 500 Jahre lang alles zu tun, um soviel Geld zu vermehren? Warum wird diese Detektivin ermordet? Warum ist das Ende so schwachsinnig und unbefriedigend?

Fazit: Es ist ein leicht geschriebenes Buch. Die knapp 900 Seiten hab ich in zwei Tagen runtergerissen. Hätte man 400 Seiten rausgekürzt, hätte nichts wesentliches gefehlt, man kann also getrost zwischendurch mal was überspringen. Wenn man eben keine Unterhaltung sucht, sondern einen ökologisch wertvollen, leichtverständlichen Wirtschaftswissenschaftsbericht mit heiteren Auflockerungen und diversen Tiefschlägen auf das schlechte Gewissen, wird man hier bestens bedient. Die Recherchen waren exquisit, allein die Seitenzahlen, die in Millarden dargestellt sind und häufiger mal einen interessanten statistischen Wert darstellen (Bruttosozialprodukt von Irland z.B. im Kontrast zu den Gesamtausgaben Deutschlands für Sozialhilfe). Es ist also keine Zeitverschwendung, es zu lesen. Man könnte aber auch direkt zum Anhang gehen und sich dort Literaturempfehlungen holen.


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 21.03.2007, 14:21 
Bücherwurm
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11.03.2007, 12:14

Beiträge: 267

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ICh selbst kann da leider noch nicht mitreden . Habe aber gestern :) das Buch empfohlen gekriegt . Wäre sehr ansprechend, witzig und gut recherchiert .

Werd mich wohl auch mal dransetzten :)

mfg Daniel

_________________
Tut mir Leid wenn meine Meinung nicht ojektiv ausfallen sollte :D =) ...


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