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 Betreff des Beitrags: "Mappa Mundi" von Justina Robson
BeitragVerfasst: 09.11.2008, 22:00 
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FBI-Sonderermittler Jude Westhorpe stößt in ein gefährliches Wespennest: Nachdem es der Medizin gelungen ist, das menschliche Gehirn komplett zu erforschen, ist der Schritt zur Gedankenkontrolle nicht mehr weit. Sollte das Projekt MAPPA MUNDI Realität werden, könnte der menschliche Geist mit einem einzigen Knopfdruck manipuliert werden. Wer steckt hinter dem Projekt? Und welche Rolle spielt Natalie Armstrong dabei? Ist sie Täter oder Opfer? Eine wichtige Frage für Jude, der sich stark zu der jungen Psychologin hingezogen fühlt. Oder wird auch er bereits manipuliert?


Justina Louise Alice Robson, geb. 1968 in Leeds, England, wo sie noch heute lebt, schreibt bereits seit ihrer Kindheit. Die Science-Fiction-Autorin belegte Linguistik und Philosophie an der Universität und war unter anderem auch als Yoga-Lehrerin tätig.

Mit „Mappa Mundi“ halten wir ein Science Fiction-Buch in Händen, das vom Bastei Lübbe Verlag herausgebracht wurde. Obgleich ich mit Bastei bislang eher eine preiswerte und vielleicht auch eine schnelle, lieblose Aufmachung verbinde, wurde das Buch im Großen und Ganzen wohl ausreichend lektoriert. Die wenigen Rechtschreibfehler, die sich zugegebenermaßen gegen Ende zu mehren, fallen nicht wirklich ins Gewicht und man überliest sie geflissentlich.

Das Buch beginnt damit, dass die Hauptakteure der Geschichte in je einem eigenen Kapitel vorgestellt werden. Hierzu werden beim einen bestimmte Ereignisse der Vergangenheit herausgepickt, beim anderen auch längere zusammenfassende Passagen des Lebensweges. Dabei gelingt es Robson, die Charaktere sehr plastisch darzustellen und auch bereits erste Sympathien oder Antipathien in einem zu wecken, dadurch, dass sie das Ganze recht gefühlvoll oder eben auch unpersönlich rüber bringt. So wird z.B. bei Natalie Armstrong erzählt, wie sie in ihrer Jugend mit ihrer besten Freundin rollenspielend durch den Wald läuft und über dem Spiel völlig die Zeit vergisst, bis die Nacht anbricht und für die beiden Mädchen plötzlich die Schatten, die vorher in ihrer Fantasie alles Mögliche darstellten und leicht besiegbar waren, Angst einflößen und unangenehm real werden. Mir persönlich gefielen diese Einleitungskapitel sehr gut, auch wenn manche der dort beschriebenen Personen sich in meiner Erinnerung recht schnell verflüchtigten und ich dann während des Lesens immer mal wieder nachsehen musste, was dem Leser denn über den einen oder anderen Hintergrund erzählt wurde.

Die Geschichte selber beginnt damit, dass in einem nicht offiziell genehmigten Feldversuch in einem Indianerreservat die Möglichkeit der Gedankenkontrolle getestet wird. Es sterben Menschen und der Cheyenne White Horse gelingt es, Beweismaterial an sich zu bringen, was sie zur Zielscheibe aller möglichen Leute macht. White Horse wendet sich an ihren Halbbruder Jude Westhorpe, dessen Mutter eine Weiße ist und der für sie verhassterweise dem FBI beigetreten ist, dem sie aber als Einzigem vertraut und vor allem auch zutraut, ihr zu helfen. Im weiteren Verlauf taucht Jude immer tiefer in die Hintergründe ein, erfährt, dass Regierung und Militär ebenso ihre Finger im Spiel haben, wie Privatleute, die ihr eigenes Interesse an einer solchen Gedankenmanipulation im großen Maßstab haben. Für Jude wird bald klar, dass er keinem trauen kann und dass er mit seinem Wissen eine Gefahr darstellt, die manche Stellen ausgemerzt haben möchten.

Das Projekt MAPPA MUNDI selbst mit all seinen Möglichkeiten und dem „Zubehör“ wie Mappaware, Selfware, NervePath wird dem Leser teilweise durch Monologe ungewollter Versuchskaninchen offenbart, die durch das angewandte Verfahren an Intelligenz, Weltsicht etc. zugenommen haben. Auch wenn für den Leser diese Passagen recht mühevoll zu lesen sind, fügen sie sich doch sehr gut in das Gesamtbild ein, denn man bekommt gerade durch diese nahezu Unverständlichkeit den Eindruck, dass die Personen tatsächlich über ganz neue Fähigkeiten verfügen ...

Robsons Erzählstil ist insgesamt sehr flüssig, sehr bildreich, sehr in den Bann ziehend. Für manch einen Leser mag es ein typisch weiblicher Stil sein (was auch immer das ist), auch was die sich recht schnell anbahnende Liebesgeschichte zwischen Natalie Armstrong und Jude Westhorpe anbelangt. Auch ich dachte mir: „Oh, ich ahne, auf was das hinaus läuft ...“ und so stellte ich mir schon ein Happyending vor, das Gute siegt über das Böse und die beiden Helden kriegen sich ... Doch ein kurzer Blick zum Ende des Buches – ja ich gebe zu, manchmal und das vor allem, wenn mir Charaktere sehr sympathisch sind, will ich schon am Anfang des Buches wissen, wie es ausgeht und vor allem, ob mein Held überlebt und dann kann ich es mir auch schwer bis gar nicht verkneifen, nach hinten zu blättern – zeigte, dass dies doch kein Buch ist, das dem Schema F folgt.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet, man kann sie sich sehr gut vorstellen, fiebert teilweise mit ihnen mit. Auch der Tod von manch einem der Charaktere wird auf einer sehr emotionalen Ebene vermittelt, so dass der Leser in der Tat mit fühlt, mit leidet und auch einen gewissen Hass auf die Täter entwickelt.

Fazit:
Ein sehr fesselndes, mitreißendes Buch, das nicht dem Schema F folgt. Der Erzählstil ist flüssig, plastisch, emotionserzeugend, die Charaktere sind mit viel Engagement gezeichnet.
Die Geschichte als solches liest sich fast wie ein Wissenschaftskrimi und auch wenn das Ganze einige Jahrzehnte in der Zukunft spielt, hat man manchmal schon das beklemmende Gefühl, dass diese Zukunft so fern nicht ist.

Das Buch bekommt von mir eine 1 – 2.

:ok: :D 8)


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